Lärmeinwirkungen (zB durch Umbauarbeiten am Nachbarhaus), die nicht das zulässige Maß des § 364 Abs 2 ABGB überschreiten, sind vom Mieter zu dulden.
Auch Einwirkungen, die sich als eine Änderung gegenüber dem tatsächlichen Zustand zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags darstellen, sind vom Mieter zu dulden, wenn sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß nicht überschreiten und die ortsübliche Benützung des Objekts nicht wesentlich beeinträchtigen.
Sachverhalt:
Die Mieterin eines Reihenhauses beklagte sich bei ihrer Vermieterin über - durch Umbauarbeiten entstandene - Lärmbelästigungen aus dem Nachbarhaus.
Sie forderte die Herstellung des vertragsgemäß bedungenen Gebrauchs des Hauses, der durch - vom Nachbarhaus ausgehenden - Lärmbelästigungen beeinträchtigt sei.
Bei der Miete von Räumlichkeiten zu Wohnzwecken können auch Lärmeinwirkungen eine Störung des bedungenen Gebrauchs darstellen (RIS-Justiz RS0118572; 10 Ob 38/03s mwN; 3 Ob 2413/96s mwN). Mangels anderer vertraglicher Vereinbarung kann der Mieter aber nicht die Beseitigung jeder Lärmeinwirkung vom Vermieter verlangen.
Bei der Beurteilung des Maßes an Lärmbeeinträchtigungen, das der Mieter hinnehmen muss, sind die Grundsätze des § 364 Abs 2 ABGB analog heranzuziehen. Überschreiten Lärmbelästigungen nicht das nach § 364 Abs 2 ABGB zulässige Maß, sind sie selbst dann zu dulden, wenn sie eine Veränderung gegenüber dem bei Abschluss des Mietvertrags vorliegenden Zustands darstellen (RIS-Justiz RS0010567).
Gem § 364 Abs 2 ABGB ist eine Einwirkung dann unzulässig, wenn sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet und die ortsübliche Benützung des Objekts wesentlich beeinträchtigt.
Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, ist allerdings nicht auf die Empfindlichkeit der betroffenen Person, sondern auf das Empfinden eines Durchschnittsmenschen ( in der Lage des Beeinträchtigten), der auf die allgemeinen Interessen und die gesellschaftlich bedeutsamen Gesichtspunkte wenigstens Bedacht nimmt, abzustellen (RIS-Justiz RS0010557 [T4]; 7 Ob 286/03i; 9 Ob 62/09x).
Bei der Beurteilung der hinzunehmenden Beeinträchtigung kommt es also nicht auf die Ursache der Lärmbeeinträchtigung an. Es spielt dabei grundsätzlich keine Rolle, ob diese Beeinträchtigung aus geändertem Umgebungslärm, Umbauarbeiten oder geändertem Wohnverhalten der benachbarten Mieter resultiert.
Es kommt demnach auch nicht darauf an, ob der Vermieter gem § 9 Abs 1 MRG verpflichtet war, Umbauarbeiten eines anderen Mieters zuzustimmen oder über diese Zustimmungspflicht hinaus mit einer Veränderung eines anderen Bestandobjekts einverstanden war. Die Zustimmungspflicht des Vermieters nach § 9 Abs 1 MRG setzt allerdings voraus, dass durch die beabsichtigte Veränderung schutzwürdige Interessen anderer Mieter nicht beeinträchtigt werden.
Gem § 1096 ABGB ist der Bestandgeber dazu verpflichtet, den Gebrauch des Bestandgegenstands durch den Bestandnehmer in zumutbarer Weise gegen wesentliche Störungen durch Dritte - insbesondere auch durch im selben Haus wohnende Mitmieter - zu schützen (3 Ob 2413/96s ua; vgl auch RIS-Justiz RS0020999) wobeidie Wahl der Abhilfemittel dem Bestandgeber zu überlassen ist (RIS-Justiz RS0020979 [T3]).
Der durch § 9 Abs 1 MRG gewährleistete Schutz der anderen Mieter geht aber nicht über § 1096 ABGB hinaus, denn der Vermieter kann nicht Dritten (anderen Mietern) gegenüber zu einer weitergehenden Interessenwahrung verpflichtet sein, als gegenüber dem Vertragspartner selbst.
Der Bestandgeber hat dem Bestandnehmer jenen Gebrauch und jene Nutzung zu gewährleisten, die ausdrücklich bzw. nach dem Zweck des Vertrags oder nach der Verkehrssitte bedungen sind. Mangels anderer Vereinbarung ist eine durchschnittliche Brauchbarkeit anzunehmen (RIS-Justiz RS0020926).
OGH 9 Ob 53/16h - https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20170420_OGH0002_0090OB00053_16H0000_000