Zur Entscheidungskompetenz über bauliche Maßnahmen an allgemeinen Teilen
Betreffen bauliche Maßnahmen, nur allgemeine Teile, so sind diese der ordentlichen Verwaltung zuzuordnen, soweit sie gemeinschaftliche Interessen verfolgen. Die Entscheidungskompetenz liegt bei der Mehrheit der Eigentümergemeinschaft. Überstimmten Wohnungseigentümern bleiben nur Minderheitsrechte.
Sachverhalt: Im gegenständlichen Fall geht es um die Errichtung einer Solarzellenanlage auf dem Hausdach. Der Aufwand wird mit maximal 25.000 € beziffert und ist in der Rücklage um ein Vielfaches gedeckt. Der auf die Antragstellerin entfallende Anteil beträgt 137 €.
Der OGH stellte fest, dass nach der Rechtsprechung nur Maßnahmen der (außer-)ordentlichen Verwaltung Gegenstand der Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft sein können, allerdings keine Verfügungen iSd § 828 ABGB, welche Einstimmigkeit erfordern. Sind Beschlüsse nicht Verwaltungs- sondern Verfügungshandlungen, können diese unbefristet bekämpft werden.
Wenn sich bauliche Maßnahmen nur auf allgemeine Teile beziehen, sind diese der Verwaltung zuzuordnen, sofern durch die Veränderung gemeinschaftliche Interessen (hier die Energieersparnis) verfolgt werden. In einem solchen Fall liegt die Entscheidungskompetenz bei der Eigentümergemeinschaft und daher bei der Mehrheit. Dem überstimmten Wohnungseigentümer bleiben nur seine Minderheitsrechte.
Die Antragstellerin legitimiert den Bedarf einer Einstimmigkeit mit der ihrer Auffassung nach drohenden (aufgezwungenen) Stellung der Eigentümergemeinschaft beziehungsweise jedes einzelnen Wohnungseigentümers als dem GSVG unterliegender Netzbetreiber. Wie die Vorinstanzen jedoch bereits feststellten, ist eine Einspeisung in das Netz eines Energieversorgers nicht zu befürchten. Wenn ausreichend Solarstrom zum autarken Betrieb produziert wird, kommt es zu einer Unterbrechung des Strombezugs aus dem öffentlichen Netz. Eine Einspeisung in das öffentliche Stromnetz ist nicht vorgesehen.
Bei den Fristen bezüglich der Anfechtung von Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft gemäß § 24 Abs 6 WEG und § 29 Abs 1 Satz 1 WEG handelt es sich um materiell-rechtliche Ausschlussfristen. Jener bestimmte Rechtsgrund, auf welchen sich die Antragsstellerin stützt, muss fristgerecht geltend gemacht werden. Eine unaufgeforderte Prüfung völlig anderer Tatbestandsvoraussetzungen durch das Gericht ist nicht vorgesehen. Nachgeschobene Anfechtungsgründe, also solche, die verspätet geltend gemacht werden, sind präkludiert.
OGH 26.09.2017 - 5 Ob 161/17p
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20170926_OGH0002_0050OB00161_17P0000_000