„Änderungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) – kurz gefasst“
Das Bundesministerium für Justiz (BMJ) hat einen Ministerialentwurf zur
Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes vorgelegt, der sich derzeit in Begutachtung befindet. Der folgende Beitrag soll einen Überblick über die wichtigsten geplanten Änderungen geben.
Primär soll die Novelle der Umsetzung des Regierungsprogramms dienen und den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und die Verringerung des Energieverbrauchs begünstigen. Konkret soll die Errichtung
von Ladevorrichtungen für Elektro-Fahrzeuge, die Errichtung von Einzel-Photovoltaikanlagen sowie die behindertengerechte Ausgestaltung in Wohnungseigentumsbauten erleichtert werden.
Ergänzend wurden aber auch andere Regelungsinhalte in die Novelle eingefügt. So kann etwa bis Ende 2023 eine Nutzwertneufestsetzung beantragt werden, wenn vor dem 1.7.2002 der Nutzwert oder Jahresmietwert für selbständige Geschäftsräume mit dem Dreifachen der Nutzfläche oder höher festgesetzt wurde oder dabei für selbständige Geschäftsräume ein Regelnutzwert zugrunde gelegt wurde, der das Dreifache des für Wohnungen zugrunde gelegten Regelnutzwerts oder mehr betrug. Des Weiteren wird unter gewissen Voraussetzungen eine Auskunftspflicht des Verwalters über die Namen und die Zustellanschriften der anderen Wohnungseigentümer statuiert.
Anbei die wichtigsten geplanten Änderungen:
1) Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft:
Eine Stimmenmehrheit kann zukünftig nicht nur durch die Mehrheit aller Miteigentumsanteile, sondern auch durch eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreicht werden. Dazu ist eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen - berechnet nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile - erforderlich. Weitere Voraussetzung ist, dass die Mehrheit zumindest ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreicht.
Beispiel: In einer Eigentümerversammlung sind Vertreter von 40% der Miteigentumsanteile anwesend. Von diesen stimmen 90% (36% aller Miteigentumsanteile) für den Antrag, 8% stimmen gegen den Antrag und 2% enthalten sich der Stimme. Der Antrag würde daher mit einer Mehrheit von 92% der abgegebenen Stimmen angenommen werden und wird zudem mit 36% von mehr als einem Drittel aller Miteigentumsanteile getragen. Nach altem Recht wäre der Antrag nicht befürwortet worden, da nicht mehr als Hälfte aller Miteigentumsanteile zugestimmt hat.
Der Antragsteller muss jedoch darauf hinweisen, dass ein auch mehrheitliches Unterbleiben der Stimmabgabe eine wirksame Beschlussfassung nicht jedenfalls verhindert.
2) Virtuelle Teilnahme an der Eigentümerversammlung:
Der Verwalter kann Wohnungseigentümern die Möglichkeit zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung im Wege elektronischer Kommunikation, etwa durch eine Videokonferenzverbindung, einräumen
3) Änderung und Erhaltung des Wohnungseigentumsobjekts:
a) Zustimmung darf nicht verweigert werden (Langsamladen)
Werden für die Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs (Ladevorrichtung) allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen, so darf von den anderen Wohnungseigentümern die Zustimmung nicht verweigert werden, sofern der Anschluss an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Wird jedoch auch das Wohnungs- oder Zubehörobjekt eines anderen Wohnungseigentümers in Anspruch genommen, so muss der betroffene Wohnungseigentümer nur dann zustimmen, wenn sie für sein Objekt keine wesentliche und dauerhafte Beeinträchtigung zur Folge hat.
b) Zustimmungsfiktion
Zusätzlich ist eine Zustimmungsfiktion geplant. Bei
- einer behindertengerechten Ausgestaltung (zB Treppenlift, rollstuhltaugliche Rampe, ..) eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft,
- der Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs (Ladevorrichtung),
- der Anbringung einer Photovoltaikanlage an einem als Reihenhaus oder Einzelgebäude errichteten Wohnungseigentumsobjekt,
- der Anbringung von sich in das Erscheinungsbild des Hauses harmonisch einfügenden Vorrichtungen zur Beschattung eines Wohnungseigentumsobjekts (zB Rolläden, Außenjalousien, Markise), sowie beim
- Einbau von einbruchsicheren Türengilt die Zustimmung eines Wohnungseigentümers als erteilt, wenn er von der geplanten Änderung durch gesetzeskonforme Übersendung verständigt wird und der Änderung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Verständigung widerspricht. In der Verständigung muss die geplante Änderung klar und verständlich beschrieben sein und die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs erklärt werden. Eine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung seines Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekts muss ein Wohnungseigentümer allerdings auch dann nicht dulden, wenn er einen Widerspruch unterlassen hat.
c) Kosten trägt der Antragsteller
Hat eine Änderung, für die auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen wurden, im Weiteren höhere Kosten für die Erhaltung dieser allgemeinen Teile zur Folge, so hat der Wohnungseigentümer die durch seine Änderung verursachten Mehrkosten zu tragen. Der Wohnungseigentümer muss das Wohnungseigentumsobjekt und die dafür bestimmten Einrichtungen, insbesondere die Strom-, Gas- und Wasserleitungen sowie die Beheizungs- und sanitären Anlagen, auf seine Kosten so warten und in Stand halten, dass den anderen Wohnungseigentümern kein Nachteil erwächst. Er hat ferner das Betreten und die Benützung des Wohnungseigentumsobjekts zu gestatten, soweit dies zur Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft und der Behebung ernster Schäden des Hauses erforderlich ist; für die vermögensrechtlichen Nachteile, die er dadurch erleidet, ist er von der Eigentümergemeinschaft angemessen zu entschädigen.
4) Mindestrücklage:
Bei der Festlegung der Beiträge zur Bildung der Rücklage ist auf die voraussichtliche Entwicklung der Aufwendungen, darunter insbesondere auch auf künftige Aufwendungen zur thermischen Sanierung oder energietechnische Verbesserungen des Gebäudes, Bedacht zu nehmen.
Der monatliche Mindestbeitrag der Wohnungseigentümer zur Rücklage errechnet sich nach der Nutzfläche des Gebäudes und dem Quadratmeterbetrag gemäß § 15a Abs 3 Z 4 MRG (derzeit € 0,90/m² Nutzfläche). Der errechnete Gesamtbetrag wird entsprechend der Miteigentumsanteile aufgeteilt. Eine ausnahmsweise Unterschreitung ist nur zulässig, wenn dies wegen des besonderen Ausmaßes der bereits vorhandenen Rücklage oder wegen einer erst kurz zurückliegenden durchgreifenden Sanierung des Gebäudes nicht erforderlich ist.
Anbei finden Sie den Ministerialentwurf im Volltext: https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Begut&Dokumentnummer=BEGUT_COO_2026_100_2_1865867
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